Persönlicher Erfahrungsbericht unserer Mediation
Mit der Scheidung ist alles ist rechtlich geregelt, jetzt gibt es keine Unklarheiten und Streitpunkte mehr, so dachte ich. Wie weit ich damit daneben lag! An dem schwelenden Konflikt zwischen meinem Ex und mir rieb ich mich auf. Wann immer
es um die Kinder ging, fühlte ich mich gegängelt und kontrolliert. Am Schluss
gelangen nicht einmal mehr Terminabsprachen reibungslos.
Es war bedrückend unausweichlich: Dass wir unsere Verantwortung als Eltern
wahrnehmen wollten, war jedem von uns klar. Nur wie? Der erste wichtigste
Schritt war, uns Hilfe zu suchen. So fanden wir uns nebeneinander auf zwei
Stühlen Frau Hörchner gegenüber. Trotzig, mauernd zunächst, nicht nur
gegeneinander, sondern manchmal auch der ungewohnten Situation der Mediation
gegenüber.
Letztlich kann ich nicht benennen, wie unsere Mediatorin es schaffte, uns immer
wieder neu zu motivieren, uns vom Sinn ihrer Vorgehensweise zu überzeugen. Ich
glaube, es hatte etwas damit zu tun, dass sie jedem von uns das Gefühl
vermittelte, immer respektiert zu sein, ernst genommen.
Wie schwer es war, für 10 lange Minuten einmal nur dem Ex zuzuhören. Mit
eigenen Worten sollte ich wiederholen, was ich aufgefasst hatte – es war nicht
immer richtig, denn oft hörte ich nur das, was ich hören wollte.
Nach einigen Wochen gab es diese Sitzung, in der er über sich berichtete,
seine Ziele und wie sehr die Gegenwart davon abwich, wie viel Kraft ihn die
Neuorientierung kostete und wie traurig er darüber war. Mein Bild von ihm
veränderte sich plötzlich. Seine Handlungen, deren Zweck ich einzig darin
gesehen hatte, mir „eins auszuwischen“, hatten mit mir rein überhaupt nichts zu
tun! Ich war erschüttert.
Von da an konnte es fließen. Wir fühlten uns nicht mehr als Gegner in feindlichen
Schützengräben, sondern als Verhandlungspartner auf Augenhöhe, die
unterschiedliche Ansichten haben dürfen und sich auf einen Kompromiss einigen,
mit dem beide leben können. Alle Verhandlungspunkte und -ergebnisse wurden
schriftlich aufgesetzt und unterschrieben. Mit diesem Vertrag in der Tasche
entließ uns Frau Hörchner aus der Mediation.
Heute setzen wir Eltern uns alle paar Wochen an einem Tisch zusammen zu einem
Gespräch voller Respekt und Vertrauen mit dem Ziel, für die Kinder die
bestmögliche Entscheidung zu treffen. Und manchmal endet die Begegnung dann
so: „Möchtest du noch zum Essen bleiben?“